Ev. Waldfriedhof Rangsdorf

Ein Friedhof ist nicht nur ein Ort der Trauer, der Besinnung und der Stille,

 

sondern auch ein Ort der Begegnung mit alten Bekannten und Nachbarn, der Begegnung mit Traditionen, der Begegnung mit der Geschichte, des Gesprächs, der Natur, des Friedens, der Kultur und für diesen oder jenen Menschen der Begegnung mit Gott.

 

Rundgang

 
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Festakt zur Einweihung des Taufsteins als Gedenkstein auf der Grabanlage 'Ichthys'

 

 

Der Taufstein aus den 60iger Jahren stammt aus der Werkstatt von Reiner Grobe in Zossen. Seine Tochter  Steinmetzmeisterin und Bildhauerin Karin Grobe, die den Betrieb vom Vater übernommen hat, hat das Werk ihres Vaters für seinen neuen Platz auf dem Friedhof neu gestaltet.

Diese Grabanlage hat die Form eines Fisches. An der Wegführung ist es schon gut zu erkennen.

Der Fisch gehört zu Rangsdorf, zum See, zum Ursprung unseres Ortes.

Viele Generationen von Rangsdorfern waren Fischer. Kein Wunder, dass der Fisch Einzug in unser Ortswappen gefunden hat.

Der Fisch ist aber auch ein altes christliches Symbol. Das Symbol des Fisches war ein geheimes Zeichen der ersten Christen. Er schmückt auch unseren Kirchturm als Wetterfahne.

Und auch auf der Haube des Taufsteins bildet der Fisch mit der Weltkugel den krönenden Abschluss des Ganzen.

Die entscheidende Idee für die Umgestaltung des Taufsteins bilden zwei Spruchbänder, die den Taufstein zum Gedenkstein machen. Sie sollen zum Nachdenken anregen.

Da sie den Mittelpunkt einer Grabanlage bilden, auf der Nichtchristen ebenso wie Christen beigesetzt werden, wurden ganz bewusst keine Sätze aus der Bibel genommen. Die Worte der beiden Bänder auf und an dem Taufstein sprechen zu den Lebenden, die um ihre Verstorbenen trauern.

Innen auf dem Stein befinden sich die Worte:

 

-     Leben       -     Leiden        -     Licht         -     Liebe
 

Das Band, das außen um den Stein läuft, hat die Worte:

 

-     Ursprung    -     Dank        -     Hoffnung      -  Vertrauen

 

Je nachdem aus welcher Richtung ich mich dem Stein nähere, spricht mich ein anderer Begriff ganz direkt an. Welches der Worte mich anspricht, ob und wie ich sie miteinander verknüpfe oder auch nicht – das wird bei jedem Betrachter ganz verschieden sein und vielleicht auch von Mal zu Mal wechseln.

Beide Spruchbänder stehen miteinander in Beziehung. Sie sind aber ganz bewusst nicht so angeordnet, dass ein Wort auf dem Taufstein genau einem anderen Wort außen zugeordnet wäre.

 

Ich möchte sie mitnehmen auf einen kurzen Gedanken-Gang mit den Worten auf und an dem Taufstein.

Alle Worte sind starke Worte: Hoffnung, Leben, Vertrauen, Liebe, Ursprung, Licht und Dank.

Genauso stark wie diesen fünf Worte ist auch das sechste: Leiden.

Nur weil wir leben, lieben, vertrauen und hoffen, leiden wir so stark darunter, wenn ein lieber Mensch leidet und stirbt. Aber wiegt das Leiden wirklich so schwer wie Lieben, Hoffen, Vertrauen und Leben?

Da ist doch auch der Dank, dass da ein Mensch gewesen ist, der mir lieb war, mit dem ich gelebt habe, dem ich vertraute. Der Tod eines Menschen lässt mich aber auch fragen nach dem Ursprung: Wo komme ich eigentlich her? Was kann ich hoffen im Angesicht des Todes? Ist da nur Dunkelheit oder auch Licht?

Als Antworten auf diese und andere Fragen kommen mir Sätze aus der Bibel in den Sinn, in denen die Worte des Taufsteins auch vorkommen: „Jesus sagt: Ich bin das Licht der Welt. Wer an mich glaubt (wer mir vertraut), der wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.“

Von Licht und Leben ist hier die Rede, die der Glauben schenken kann. Zu glauben heißt: Ich vertraue Jesus, dem Ursprung des Lebens und der Liebe. Er ist das Licht, das hell in die Finsternis dieser Welt scheint und mich auch in Zeiten der Trauer wärmt, mir Hoffnung gibt und Kraft, so dass ich auch in aller Trauer dankbar auf das Leben eines lieben Menschen zurückschauen kann, der gestorben ist.

Hoffnung und Liebe erinnern auch an das bekannte Wort aus dem Lied der Liebe des Apostels Paulus: „Nun aber bleiben Glauben, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

Was wäre ein Leben ohne Liebe? Wir brauchen Liebe genauso nötig wie Essen und Trinken, Licht und Luft zum Atmen. Wie reich fühle ich mich beschenkt, wenn es einen gibt, der mich liebt. Und wie schön ist es, lieben zu können. Im Vertrauen auf Gott erkenne ich: Ich lebe, weil Gott mich liebt. Er wollte, dass ich da bin. Mit Gott zu leben, dazu gehören glauben und hoffen. Ich verstehe nicht alles. Schon gar nicht, warum es so viel Leiden gibt auf der Welt. Aber ich vertraue darauf: Seine Liebe ist stärker als alles Leiden, sogar stärker als der Tod. Aus Liebe schenkt er mir das ewige Leben.

So sprechen die Worte auf dem Stein zu mir von Gottes Liebe.

Sie reden nicht nur von dem, was war, sondern auch von dem, was bleibt und was kommt, vom Ursprung und Ziel meines Lebens.

Als wir uns mit der Idee auseinandergesetzt haben, den Taufstein einen neuen Platz auf dem Friedhof zu geben, mussten wir uns auch mit der Frage auseinandersetzen, ob das denn überhaupt geht.

Gehört ein Taufstein nicht in die Kirche und nirgendwo anders hin? Dürfen wir ihn überhaupt einem neuen Zweck widmen?

Ich bin der Meinung, dass unser Taufstein sehr gut auf den Friedhof passt.

Und das hat damit zu tun, was die Taufe ist und was getauft zu werden bedeutet.

Die Taufe verbindet mit Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der gestorben und von den Toten auferstanden ist. Einige kurze Sätze aus dem Römerbrief sollen dies veranschaulichen: „Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.“ (Römer 6,3-5)

So spricht unser Taufstein auch deutlich vom ewigen Leben bei Gott. Er erinnert mich, dass ich durch meine Taufe glauben und hoffen kann, dass Gottes Liebe mir in Jesus eine Tür in eine andere Welt geöffnet hat, die sich mir öffnet, wenn ich gestorben bin. Der Reformator Martin Luther hat einmal gesagt: „Das was die Taufe mir schenkt, wird erst vollendet, wenn ich gestorben bin und dann auferstehe zum ewigen Leben.“

 

Ich bin sicher, der Taufstein wird zu den Besuchern unseres Friedhofs sprechen:

vom Leben, dem Licht, der Liebe, dem Ursprung, dem Dank, der Hoffnung, dem Vertrauen und vom Leiden.

Er wird zum Nachdenken anregen, zum Erinnern und zum Fragen – Manchen wird er eine Hilfe sein in der Trauer, anderen wird er vielleicht gleichgültig bleiben. Vielleicht erinnert er aber auch Besucher daran, dass sie getauft wurden und macht ihnen Mut, auf Gott zu vertrauen und mit ihm zu reden im Gebet.

 

Pfarrer Christian Pagel